Die Anwendung von Blutegeln in der Heilkunst ist vermutlich so alt wie die Heilkunst selbst. In den Sanskrit-Aufzeichnungen Indiens wurde sie bereits vor 3000 Jahren erwähnt. Im Mittelalter gehörten Blutegel zur therapeutischen Ausstattung der bedeutendsten Ärzte. Bis zum 19. Jahrhundert war die Behandlung mit Blutegeln auch in Europa weit verbreitet. Doch dann flaute das allgemeine Interesse an der bewährten Blutegeltherapie zugunsten moderner Therapieverfahren immer mehr ab.
So verlor die Blutegeltherapie zwar an Boden, aber keineswegs an Bedeutung. Bei vielen naturheilkundlich ausgerichteten Therapeuten hat diese Heilbehandlung heute wieder ihren festen Platz gefunden.
Die Anzahl jener Therapeuten, die sich auf das Jahrtausende alte Wissen besinnen und die Blutegeltherapie in ihre Behandlung integrieren, wächst stetig. Das ist insofern nicht verwunderlich, als dass die Blutegeltherapie bei vielen Erkrankungen äusserst erfolgreich eingesetzt werden kann.
Die Blutegeltherapie zählt zu den Ausleitungsverfahren
Die Blutegeltherapie zählt ebenso wie der Aderlass oder das blutige Schröpfen zu den so genannten Ausleitungsverfahren, bei denen die Ausscheidung eingelagerter Schlacken und anderer Schadstoffe über das Blut forciert wird. Hierdurch wird der gesamte Organismus stark entlastet.
Das, was die Blutegeltherapie jedoch von allen anderen Ausleitungsverfahren unterscheidet, ist die einzigartige Wirkung des Speichelsekrets der kleinen Egel, welches sie während des Saugens in das Gewebe der Patienten leiten.
Hirudin und Eglin – Die geniale Medizin im Blutegel-Speichel
Wissenschaftler haben über 20 verschiedene Inhaltsstoffe im Speichel der kleinen Tierchen gefunden. Am intensivsten erforscht wurden die Substanzen Eglin und Hirudin.
Eglin ist eine Substanz, die entzündungsauslösende Enzyme in ihrer Aktivität blockiert. Auf diese Weise wirkt sie Entzündungsprozessen entgegen.
Eine weitere wertvolle Eigenschaft des Eglin ist seine schmerzstillende Wirkung, die für viele Patienten eine besonders wertvolle Hilfe darstellt.
Hirudin hingegen hemmt die Blutgerinnung, indem es den Gerinnungsfaktor Thrombin in seiner Wirkung beeinträchtigt, was sich sehr positiv auf die Fliesseigenschaft des Blutes auswirkt. So verhindert Hirudin die Bildung von Thrombosen und hilft bestehende Thromben aufzulösen, so dass eine Emboliegefahr deutlich verringert werden kann.
Zudem wirkt Hirudin gefässkrampflösend, wodurch seine entstauende Wirkung zu erklären ist.
Darüber hinaus fördert es die Bildung der weissen Blutkörperchen (Leukozyten) ebenso wie deren Aktivität. Da Leukozyten eine ganz wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern spielen, entlastet deren erhöhte Anzahl sowie deren gesteigerte Tätigkeit das Immunsystem erheblich. Diese Eigenschaft bescheinigt Hirudin eine immunstärkende Wirkung.
Zu guter Letzt beschleunigt Hirudin zudem auch noch den Lymphfluss, wodurch die in der Lymphe enthaltenen Schadstoffe schnell zur Ausscheidung gebracht werden. Somit beschleunigt Hirudin die Entgiftung des Körpers.
Die Blutegeltherapie – Wem kann sie helfen?
Die unterschiedlichen Wirkstoffe im Speichel der Blutegel unterstützen den Körper auf vielfache Weise. Und alleine die Wirkungen von Eglin und Hirudin zeigen sehr deutlich, wie vielfältig die Blutegeltherapie eingesetzt werden kann.
Generell ist sie eine ausgezeichnete Therapie bei allen Erkrankungen, denen Durchblutungsstörungen oder Entzündungsprozesse zugrunde liegen.
So hat sich die Blutegeltherapie bei Venenerkrankungen (Besenreisern, Krampfadern, Thrombosen, Hämorrhoiden) und Herz-Kreislauferkrankungen ebenso bewährt wie bei Gelenkerkrankungen (Arthrose, Arthritis, Rheuma, Gicht etc.) oder chronischen Nacken-, Schulter- und Rückenbeschwerden.
Auch bei Leberstau, Lymphstau, Blutergüssen oder Migräne ist die Blutegeltherapie äusserst hilfreich.
Blutegel stehen unter Naturschutz
Es ist allerdings gar nicht so einfach, einem Blutegel beim Baden im Teich zu begegnen, denn aufgrund des ehemals grossen Interesses an diesen kleinen Tierchen waren Blutegel bereits vom Aussterben bedroht. Heute stehen sie unter Naturschutz.
Zur Behandlung von Menschen darf nur eine bestimmte Egelart eingesetzt werden: Der Hirudo medicinalis. Dieser medizinische Egel wird innerhalb geschlossener Zuchtanlagen in speziellen Teichen kultiviert.